20.02.2020 | Mobilität und Verkehr

„Ich sehe in der RTW einen Baustein für einen späteren Ring“

(c) Marc Jacquemin

Mitte 2017 wurde der Darmstädter Diplomingenieur Horst Amann zum Geschäftsführer der RTW GmbH bestellt. Er kennt die spezifischen Anforderungen des Schienen- und Flugverkehrs aus langjähriger Erfahrung. Am 28. November 2019 schließlich fassen die Beteiligten den einstimmigen Beschluss, die Finanzierung der RTW zur Verfügung zu stellen.

Welche Bedeutung messen Sie der Vernetzung durch die Schiene bei und warum muss gerade ein Flughafen über eine gute Bahnanbindung verfügen?

Horst Amann: Ich könnte jetzt Begriffe wie Verkehrswende und Klimaschutz ins Spiel bringen, aber lassen wir diese Argumente ruhig mal beiseite. In den letzten Jahrzehnten stand der ÖPNV nicht unbedingt in der höchsten Priorität der Verkehrspolitik, die eher den Individualverkehr förderte. Sobald neue Verbindungen und neue Kapazitäten bereitstehen sind die Züge von der ersten Stunde an voll. Wie an anderer Stelle auch ist die Infrastruktur in der Metropolregion FrankfurtRheinMain historisch gewachsen und der gesamte Verkehr führt über den Hauptbahnhof. Die Notwendigkeit einer Regionaltangente West zeigte sich dabei schon vor 30 Jahren: Denn nicht nur der Flughafen zieht viel Verkehr an, auch wichtige Industriezentren wie der Chemiepark Höchst oder der Finanzstandort Eschborn müssen künftig besser innerhalb der Metropolregion vernetzt werden. Wenn das unnötige Umsteigen am Hauptbahnhof entfällt, wird auch wieder mehr Verkehr auf die Schiene gebracht werden und dadurch der Straßenverkehr entlastet werden können.

Von den 26 geplanten Haltestellen der RTW sind 12 bereits existierende S-Bahnhöfe. Das heißt, die Metropolregion gewinnt 14 neue Haltestellen hinzu: Was genau kann und soll da neu erschlossen werden?

Horst Amann: In der Kombination von vorhandener Schieneninfrastruktur und dem Streckenneubau liegt der eigentliche Reiz der RTW, denn damit werden ökonomische und ökologische Ressourcen geschont. So können wir etablierte Zentren wie Höchst und den Flughafen mit Regionen verbinden, die heute unzureichend erschlossen sind. Dies ermöglicht auch herausragende Chancen für die städtebauliche Entwicklung. Ein gutes Beispiel für solche Neuentwicklungen ist das Neu-lsenburger Wohn- und Gewerbegebiet Birkengewann. Von Bedeutung sind auch die Erschließungsmöglichkeiten im Rahmen der städtebaulichen Entwicklung im Frankfurter Norden.

Zuletzt war Langen auf den RTW-Zug aufgesprungen und möchte südliche Endstation der RTW werden. Wie nehmen Sie das Interesse der Kommunen an einen Schienenanschluss war?

Horst Amann: Das Interesse an einer direkten Schienenanbindung, gerade an den Airport, ist natürlich groß. Dabei muss jedem aber klar sein, dass die Regionaltangente West nicht von Flensburg bis nach Garmisch führen kann, sie bleibt ein regionales Projekt. Im Fall Langens begrüße ich die Initiative und den Ausbau zu einem südlichen Endpunkt Langen der RTW, die ich nachvollziehen kann. Ähnlich hatte sich auch Bad Soden und Sulzbach um eine Anbindung bemüht, die auch gerade neue Gesellschafter der RTW geworden sind. Und auch Städte wie Neu-lsenburg und Bad Homburg sind bereits frühzeitig unmittelbare Gesellschafter geworden. Dabei müssen die Kommunen durchaus auch etwas dafür tun und die Finanzierungsbeteiligung in ihren kommunalen Haushalten sicherstellen. Auf der anderen Seite haben sie dadurch die Möglichkeit, aktiv Einfluss auf die Ausgestaltung des Projekts zu nehmen.

Die geplanten Züge sollen nach dem Karlsruhe-Modell als Zweisystembahn mit unterschiedlicher Stromversorgung verkehren. Liegt hierin das Konzept der Zukunft, urbane Zentren und Umlandregionen besser miteinander zu vernetzen?

Horst Amann: Die Zweisystembahn hat sich u.a. in Karlsruhe und in Kassel bestens bewährt. Die kombinierte Nutzung des 50 Hertz-Wechselstroms der Bahn mit dem 600/750 Volt Gleichstrom der Stadtbahn mit demselben Fahrzeug ist schon lange der Experimentierphase erwachsen. Natürlich ist es komplexer, unterliegt doch der Bahnbetrieb einer Zulassung nach der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung (EBO), während die Tramführung einer Genehmigung gemäß der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab) bedarf. Da die RTW eine Betriebsführung von ca. 50 Kilometern Länge in beiden Betriebssystemen liefern soll, ist hier eine enge Kooperation mit vorhandenen Betreibern, hier die DB AG, notwendig. Und tatsächlich liegt hier der zukunftsweisende Reiz der RTW: Sie verbindet den Regionalverkehr mit dem innerstädtischen Verkehr und bietet damit optimale Anbindungen ohne Umsteigen.

Wie würde Ihre Prognose aussehen? Wird es irgendwann einen vollständigen Ring in der Metropolregion FrankfurtRheinMain geben?

Horst Amann: Ich sehe in der RTW klar den ersten Baustein für eine spätere Ringverbindung. In diese Entwicklung gehört letztlich auch die bereits geplante Verlängerung der U2 zum Bahnhof Bad Homburg. Von Bedeutung ist die Realisierung des Fernbahntunnels. Er schafft auch die Kapazität im vorhandenen Schienennetz für weitere ÖPNV Verbindungen im Süden und Osten der Stadt. Für eine „RTO“ beispielsweise liegen von politischer Seite grobe Vorschläge für eine Verbindung östlich Frankfurts von Bad Vilbel Richtung Süden vor. Jedenfalls erscheint es sinnvoll, das Projekt weiter zu untersuchen, so geht es aus der Fortschreibung des Nahverkehrsplans hervor. Hier wären weitere Schritte vom RMV vorzubereiten. 

Der Diplomingenieur Horst Amann (66) arbeitete nach seinem 1980 an der TU Darmstadt abgeschlossenem Ingenieurstudium zunächst als Projektleiter für die Deutsche Bahn. In dieser Funktion konzipierte er unter anderem die Tempo 300-Strecke von Frankfurt nach Köln. Danach war er als Projektleiter für Fraport tätig. Nach einem Intermezzo beim Neubau des Berliner Großflughafens kehrte Amann 2017 als Geschäftsführer der RTW GmbH in die Metropolregion FrankfurtRheinMain zurück.

Autor:
  • Veronika Heibing
  • Projektmanagerin PERFORM